·

"Rheinfeuer" bei Speyer

Samstag 11.10.2014, 05h30: In den Räumlichkeiten des DRK OV-Bad Soden e.V. herrscht bereits reges Treiben: 15 engagierte DRK-Helfer bereiten sich auf die Abfahrt vor, um an der durch das Katastrophenschutz-Amt des Main-Taunus-Kreis (MTK) lange geplanten Übung „Rheinfeuer“ in Speyer teilzunehmen. Ziel dieser Übung ist die Optimierung der taktischen Zusammenarbeiten der zivilen und militärischen Gefahrstoff-ABC-Einheiten, die bei atomarer (A), biologischer (B) oder chemischer (C) Gefahrenlage alarmiert werden.

Nach knapp 2-stündiger Fahrt im Zugverband zusammen mit der Feuerwehr Bad Soden erreichen die Einheiten ihren Zielort, die Kurpfalz-Kaserne in Speyer. Nach einem kurzen gemeinsamen Frühstück mit allen 400 Katastrophenschutzhelfern, die nicht nur aus dem MTK sondern auch aus weiten Teilen der Bundesrepublik angereist waren, steigen plötzlich dicke Rauchschwaden von der nahegelegenen Halbinsel (einem Altarm des Rheins) auf. Während der Anfahrt mit Blaulicht und Martinshorn zum Uferbereich des Wasserübungsgeländes Reffenthal sind laute Explosionen zu hören.

Laut Übungsszenarium kommt es aufgrund einer bestehenden Hochwasserlage und eindringendem Wasser in das Chemiewerk der Dr. Sommer AG in Reffenthal während der Frühschicht am 11. Oktober 2014 zu einer unerwarteten chemischen Reaktion. Das Chemiewerk wird nahezu vollständig zerstört. Mehr als 40 Mitarbeiter werden mit unbekannten chemischen Substanzen kontaminiert und teilweise stark verletzt. Weitere chemische Substanzen sind explosionsartig ausgetreten und haben die Umgebung des Chemiewerkes ebenfalls kontaminiert.

Kurz nach Erhalt des Einsatzbefehles entladen die 15 DRK-Spezialisten der Dekon-V-Einheit der Ortsvereinigung Bad Soden ihren 18 t-LKW. Innerhalb einer knappen Stunde steht eine Dekontaminationsstrecke für die durch dieausgetretenen Substanzen kontaminierten und nicht mehr gehfähigen Verletzten. Um eine zügige Patientenversorgung zu erreichen, wird die 105 m2große Einheit aus drei aufblasbaren Zelten direkt neben den Dekon-Zelten der Bundeswehr aufgebaut. Auch wenn die Temperaturen an diesem Herbsttag zunächst nicht besonders hoch sind, kommen die Helfer bereits beim Aufbau ordentlich in Schwitzen. Durch technische Probleme bei dem geplanten Wassertransfer durch die Bundeswehr kommt es zunächst zu zeitlichen Verzögerungen. Schließlich kann der Transport der 40 „Verletzten“ über das Wasser erfolgen.

Die Helfer des DRK, die zum eigenen Schutz vor möglichen Kontaminationen in speziellen Schutzanzügen mit Atemmasken arbeiten, haben jetzt die Aufgabe, die verletzten und kontaminierten Mimen in dem bereitgestellten „roten“ Zelt schnellstmöglich zu entkleiden. Sofort wird mit der Erstversorgung (Kreislauf- und Atemstabilisierung sowie „Spotdekontamination“ und Wundbedeckung) begonnen. Anschließend erfolgt die eigentliche Dekontamination im zweiten „gelben“ Zelt. Die Patienten werden auf eine Rollbahn gelegt und von fünf Helfern mit warmen Wasser und einem Detergenz über 6 Minuten gründlich am gesamten Körper gereinigt. Nach dem Abtrocknen bekommen die Patienten im dritten „grünen“ Zelt OP-Kleidung und eine Decke und werden betreut, bis die nachfolgenden Katastrophenschutzeinheiten den gezielten Abtransport der Verletzten koordinieren. Nach und nach werden so alle 12 nicht mehr gehfähige sowie 26 weitere lauffähige „Verletzte“ auf insgesamt vier Dekon-Einheiten verteilt, erstversorgt und dekontaminiert. Gegen 16 Uhr wird von der Übungsleitung das Ende der erfolgreichen Übung bekannt gegeben.

Nachdem die Dekon-Strecke wieder abgebaut und das Material auf den LKW verladen wurde, konnte gegen 18 Uhr der Heimweg angetreten und im Anschluss der wohlverdiente Feierabend eingeläutet werden.

Dieser Einsatz war glücklicherweise nur eine Übung. Aber ein ähnliches Szenarium kann auch für den Ernstfall angenommen werden. Damit im realen Einsatz jeder Handgriff routiniert sitzt, müssen solche Übungen regelmäßig durchgeführt werden. Der erfolgreiche Abschluss der Tagesübung zeigte, dass das verantwortliche Amt für Katastrophenschutz des MTK mit Landrat Michael Cyriax an der Spitze auf eine stolze Bilanz ehrenamtlicher Leistung im MTK zurückblicken kann. Alleine die Mannschaft des DRK-Bad Soden hat an diesem Übungstag ehrenamtlich 210 Stunden geleistet. Die Bevölkerung des MTK kann so bei Großschadensereignissen auf eine fachkundige, intensive Hilfe und Unterstützung durch die Rettungsorganisationen zählen.

Wer Interesse an der aktiven Mitarbeit in einer solchen Spezial-Einheit hat, meldet sich bitte unter info@drk-badsoden.de bei J. Kalisch (Leiter Dekon-V).